Gothaer Berufsunfähigkeitsversicherung
Kosten & Leistungen im Test & Vergleich
Key Facts im Überblick
Firmenlogo | |
Firmensitz | Köln |
Rechtsform | VVaG |
Gründungsjahr | 1820 |
Die Gothaer gehört zu den ältesten Versicherungsunternehmen in Deutschland. Als Gothaer Feuer-Versicherungs-Bank startete sie 1779 in der namensgebenden Stadt. Dort gibt es bis heute ein Versicherungsmuseum, das den Namen des Unternehmensgründers trägt, die Gothaer verlegte aber mit der deutschen Teilung nach dem zweiten Weltkrieg ihren Firmensitz nach Köln. Die Muttergesellschaft ist bis heute ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG), die für Berufsunfähigkeitsversicherungen zuständige Gothaer Lebensversicherung AG eine hundertprozentige Tochter. Mit etwa 365.000 BU-Verträgen liegt die Gothaer als mittelgroßer Anbieter im Marktschnitt.
Fiat oder Ferrari? Bei der Gothaer haben die Kunden die Wahl. Dabei hat bereits der Plus-Tarif eine solide Grundausstattung. Die Zusammenfassung der Luxus-Ausstattung in einer Premium-Linie vermindert zwar die Flexibilität, aber vor allem Familien finden hier sinnvolle Optionen in einem Bündel. Innovativ ist der Schutz des Einkommens während der Pflege kranker Kinder. Beim Rechnen sollten sie darauf achten, den Beitrag für das Endalter 67 einzustellen.
Schon der einfachste Tarif heißt bei der Gothaer „Plus“ und weckt damit Erwartungen, die nicht enttäuscht werden. Noch üppiger ausgestattet ist das Modell „Premium“.
Plus | Premium | |
---|---|---|
Monatliche Rente ab Grad der Berufsunfähigkeit | 50 % | 50 % |
Verzicht auf abstrakte Verweisung | ja | ja |
Prognosezeitraum | 6 Monate | 6 Monate |
Leistung bei Arbeitsunfähigkeit | nein | ab sechs Monaten |
Soforthilfe bei Krebs | nein | 18 Monatsrenten |
weitere Kapitalleistungen | nein | bei Unfall für Rehabilitationsmaßnahmen und nach Umschulung, jeweils bis 12.000 Euro |
Grundfähigkeitsversicherung | nein | BU-Rente für maximal drei Jahre bei Taubheit, Blindheit oder Notwendigkeit eines Rollstuhls |
Leistung bei Pflegebedürftigkeit | nein | lebenslange Rente, wenn die BU vor dem 45. Lebensjahr eintritt |
Absicherung bei Krankheit eigener Kinder | nein | ja |
Der Plus-Tarif der Gothaer verdient seinen Namen vor allem wegen des auf sechs Monate verkürzten Prognosezeitraums. Während bei anderen Versicherern eine Berufsunfähigkeit zum Teil bis zu voraussichtlich drei Jahre andauern muss, damit die versicherte Rente fällig wird, reicht hier ein halbes Jahr. Die restlichen Bestimmungen – volle Leistung ab 50 % BU-Grad, Verzicht auf abstrakte Verweisung in einen anderen Beruf, Flexibilität bezüglich Beitragszahlungen und Anhebung der versicherten Rente (Nachversicherungsgarantie), Besserstellung bei Wechsel in einen weniger gefährlichen Beruf, Verlängerungsoption bei neuer gesetzlicher Lebensarbeitszeit – sind zum großen Teil bereits Marktstandard.
Mit dem Premium-Tarif schließt die Gothaer einige interessante Zusatzoptionen ein. So bezieht sich die Absicherung schwerer Krankheiten nach dem Muster einer Dread Disease Versicherung nicht auf den BU-Versicherten selbst, sondern auf Krankheiten der eigenen Kinder. Die Leistung aus der BU-Versicherung gibt der Familie beispielsweise die Möglichkeit, die Arbeitszeit zu reduzieren und mehr für das kranke Kind da zu sein. Der Kunde sollte sich aber darüber klar sein, dass viele der gut klingenden Optionen an Voraussetzungen geknüpft sind. So gibt es eine zusätzliche Kapitalleistung nur bei unfallbedingter BU, und für den Erhalt einer lebenslangen Pflegerente muss die Berufsunfähigkeit vor dem 45. Lebensjahr eingetreten sein. Wer hier nicht genau auf das „Kleingedruckte“ achtet, wird im Leistungsfall möglicherweise enttäuscht. Fraglos wichtig ist die Absicherung von Arbeitsunfähigkeit, damit zwischen Leistungen der Krankenkasse und BU-Rente keine Lücke entsteht. Leider ist diese Option nur im Premium-Tarif enthalten.
Die Premium-BU gibt es auch in Kombination mit einer an Investmentfonds gebundenen Beitragskalkulation. Diese Version wird allerdings auf der allgemein zugänglichen Webseite nicht aktiv beworben, sondern ist nur im Maklerportal der Gothaer zu finden.
Die Gothaer Starter-Option spricht Berufseinsteiger und selbstständige Existenzgründer an. Die Beiträge werden über die Vertragslaufzeit so umverteilt, dass die Belastung in der schwierigen Startphase niedriger bleibt. Auszubildende und Studenten haben zudem die Möglichkeit, innerhalb eines Jahres nach Aufnahme einer ersten unbefristeten Arbeit die versicherte Rente auf maximal 2.000 Euro zu verdoppeln.
Neben den oben vorgestellten BU-Optionen bietet die Gothaer auch eine reine Grundfähigkeitsversicherung an. Die drei Varianten Basis, Plus und Premium unterscheiden sich im Wesentlichen über die versicherten Grundfähigkeiten als Leistungsauslöser. Die Premium-Variante ist vor allem für Bürotätigkeiten gedacht. Neben Bildschirmarbeit und Schreiben schließt sie auch Autofahren, Fahrradfahren und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel als Grundfähigkeiten ein.
Quelle: https://www.gothaer.de/privatkunden/berufsunfaehigkeit/berufsunfaehigkeitsversicherung/
Stand: 03/2021
€
Die Gothaer stellt auf ihrer Internetseite zwei Rechner für Vorsorgebedarf und Tarifauskunft bereit. Als versicherte Rente werden 80 % des Nettoeinkommens empfohlen – ein seriöser Wert. Der Monatsbeitrag für einen 25-jährigen Bankkaufmann von knapp 31 Euro im Plus-Tarif oder 34 Euro für Premium, jeweils bezogen auf 1.000 Euro Rente, klingt auf den ersten Blick attraktiv. Allerdings hat die Gothaer den Tarifrechner so konfiguriert, dass er standardmäßig eine Absicherung nur bis zum 62. Lebensjahr berechnet. Stellt man auf das Renteneintrittsalter 67 um, werden daraus schon stolze 47 bzw. 52 Euro, und eine jährliche Erhöhung um 2 % schlägt mit weiteren 7 bzw. 8 Euro zu Buche. Der versprochene Familienbonus für Partner oder Kinder im Haushalt hatte in der Testkonstellation keine Auswirkungen auf den Beitrag.
Die BU der Gothaer wird auch als Direktversicherung angeboten. Versicherungsnehmer ist hierbei der Arbeitgeber. Da die Beiträge aus dem Bruttoeinkommen umgewandelt werden, spart der versicherte Arbeitnehmer Steuern und bei einem Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze auch Sozialabgaben.
Die Stiftung Warentest hat 2019 dem Premium-Tarif analysiert und dort Leistungsumfang (75 %) und Antragsfragen (25 %) bewertet. Mit einem „sehr gut“ (Note 1,4) schneidet die Gothaer gut eine halbe Note schlechter ab als der Testsieger mit 0,8 (Quelle).
Der Premium-Tarif in der Version 2021 schneidet bei Franke & Bornberg mit der Bestnote 0,5 („hervorragend“ oder „FFF+“) ab. Der Plus-Tarif bringt es immerhin auf ein „sehr gut“ mit einer Bewertung von 0,8 und dem Siegel „FFF“. Weniger zufrieden ist das Analysehaus mit der Gothaer BU Invest – sie kommt über eine 2,6 („befriedigend“ oder „FF“) nicht hinaus (Quelle).
Morgen & Morgen kommt hier zu einem anderen Resultat und bewertet alle BU-Optionen der Gothaer mit fünf Sternen, auch die BU Invest. Allerdings fließen bei M&M neben den Leistungen laut Bedingungen (40 %) auch Anbieterkompetenz (30 %) und Antragsfragen (10 %) ein. In allen diesen Teilwertungen punktet die Gothaer voll, nur bei der Beitragsstabilität (20 %) schneidet sie mit drei Sternen unterdurchschnittlich ab. Das Unternehmensrating durch Ascore – vier von sechs Kompassen – besträtigt die kritische Sicht auf die Finanzausstattung (Quelle).
Leider macht die Gothaer beim Test der Kundenfreundlichkeit in der Leistungsbearbeitung durch die ServiceValue GmbH im Auftrag von Focus Money keine gute Figur. Unter 35 Versicherern schneiden 21 mit „sehr gut“ oder „gut“ ab – die Gothaer ist nicht dabei. Der Anteil positiver Leistungsentscheide liegt zwar mit 78 % minimal über Marktschnitt, aber in mehr als 3 % der Fälle mussten Kunden vor Gericht um ihren Anspruch streiten (Quelle).
Die Premium-BU der Gothaer ist für Familien, die eine umfassende Absicherung der Arbeitskraft inklusive Nebenleistungen wünschen, eine Überlegung wert. Das günstigere Plus-Paket ist zwar insgesamt ausgewogen, es fehlt aber die wichtige Arbeitsunfähigkeitsklausel. Kommt eine BU aus finanziellen Gründen, wegen eines risikoreichen Berufs oder wegen einer Erkrankung nicht in Betracht, ist das Drei-Stufen-Modell der Grundfähigkeitsversicherung eine sinnvolle Alternative.
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