Erwerbsminderungsrente Voraussetzungen: Bei welchen Krankheiten bekommt man Unterstützung?

  • Erwerbsminderungsrente: Voraussetzungen im Überblick

  • Medizinische Voraussetzungen (Krankheiten, Depressionen, Künstliches Kniegelenk ...)

  • Überblick über versicherungsrechtliche Voraussetzungen

BU Online-Vergleichsrechner

Wir empfehlen: Die Berufsunfähigkeitsrente sollte mindestens 70 % Ihres aktuellen Nettoeinkommens betragen.

kostenlos & unverbindlich

Das Wichtigste in Kürze

  • Fast zwei Millionen Menschen sind in Deutschland erwerbsgemindert. Jährlich werden etwa 350.000 neue Anträge gestellt, davon ist mehr als die Hälfte letztlich erfolgreich.
  • Der Verlust der Arbeitskraft kann jeden treffen, auch in körperlich weniger belastenden Berufen. Depressionen sind in den letzten 25 Jahren zur Ursache Nummer eins geworden.
  • Um einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu haben, müssen medizinische und versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, die nachfolgend zusammengefasst sind.
  • Erwerbsminderung ist nicht dasselbe wie Berufsunfähigkeit. Das Risiko, sein Einkommen und seine soziale Stellung zu verlieren, weil der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann, ist in der Sozialversicherung nicht mehr abgedeckt. Nur noch wenige Versicherte genießen einen eingeschränkten Vertrauensschutz. Private Vorsorge ist deshalb sehr wichtig.

Bei welchen Krankheiten bekommt man Erwerbsminderungsrente?

Anders als in der gesetzlichen Unfallversicherung ist der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nicht auf bestimmte Krankheiten (etwa Berufskrankheiten) oder Unfälle (zum Beispiel Arbeits- und Wegeunfälle) beschränkt. Erwerbsminderungsrente kann man grundsätzlich wegen beliebigen Ursachen bekommen – Freizeitunfall, Zusammentreffen mehrerer Erkrankungen oder altersbedingter Kräfteverfall können den Anspruch begründen.

Das breite Spektrum möglicher Ursachen macht deutlich, dass sich niemand in Sicherheit wiegen darf. Rund 1,8 Millionen Betroffene gibt es in Deutschland, 160.000 Rentner kamen 2019 neu hinzu.

Psychische Erkrankungen wie Depressionen führen die traurige Hitliste mit über 40 % der Fälle an. Vor 25 Jahren war der Anteil nur halb so hoch. Den ersten Platz nehmen die psychischen Ursachen sowohl bei Frauen (50 %) als auch bei Männern (30 %) ein. Der auffällige Unterschied rührt daher, dass Männer häufiger körperliche Berufsarbeit verrichten und dadurch andere Ursachen stärker durchschlagen.

Krebs rangiert erst mit weitem Abstand auf Platz 2. Die Betroffenen sind wegen der Therapie und deren Folgen oft nicht arbeitsfähig. Fast gleichauf mit dem Krebs sind Erkrankungen an Skelett, Muskeln und Bindegewebe (beide jeweils 13 %). Auf den Plätzen 4 und 5 folgen Krankheiten von Kreislauf (9 %) und Nerven (7 %). Damit sind über 80 % der Ursachen erfasst, alle weiteren sind mit weniger als 4 % Anteil statistisch unbedeutend.

Einschränkung des Arbeitslebens als wichtigste Voraussetzung für Erwerbsminderungsrente

Die medizinischen Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente sind im Sechsten Sozialgesetzbuch geregelt (§ 43 SGB VI). Nach dem Gesetzeswortlaut gilt als erwerbsgemindert, wer

  • wegen Krankheit oder Behinderung
  • auf nicht absehbare Zeit außerstande ist,
  • unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
  • mindestens sechs Stunden täglich

erwerbstätig zu sein. Die Grenze von weniger als sechs Stunden begründet dabei nur einen Anspruch auf eine halbe Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Erst wenn die Arbeitsfähigkeit unter drei Stunden am Tag sinkt, ist volle Erwerbsminderung gegeben und es wird – bei Erfüllen aller anderen Voraussetzungen – eine ganze Rente gezahlt.

Wesentlich im Gesetzeswortlaut ist die Bezugnahme auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Es ist keine Beschränkung auf einen bestimmten Beruf definiert, der nach Ausbildung, Kenntnissen und Fähigkeiten sowie dem bisherigen Einkommen und Lebensstandard zumutbar wäre. Das Bild von der Führungskraft, die nach einem Burnout in der Poststelle oder Telefonzentrale sitzt, wird von manchen als überspitzt empfunden, trifft aber exakt den Sinn der gesetzlichen Regelung, die seit 2001 gilt. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Das Risiko einer Berufsunfähigkeit, bezogen auf den erlernten und ausgeübten Beruf, deckt die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr. Die privaten Versicherungsunternehmen schließen die Lücke über eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine sogenannte Grundfähigkeitsversicherung, wenn eine komplette Absicherung zu teuer oder aufgrund von Vorerkrankungen nicht möglich ist.

Eine Ausnahme gilt nur für Versicherte, die am 1. Januar 1961 oder früher geboren sind. Sie können bei Berufsunfähigkeit zumindest noch eine halbe Erwerbsminderungsrente bekommen. Das ist der Fall, wenn sie für sechs Stunden am Tag zwar nicht in ihrem Beruf, aber im Rahmen einer anderen Tätigkeit Erwerbseinkommen erzielen können. Jüngere Versicherte (Geburtsdatum 2. Januar 1961 und später) würden in dieser Konstellation leer ausgehen, da sie nicht als erwerbsgemindert gelten.

Ablehnung einer Erwerbsminderungsrente wegen Depression? – Eine Frage des Nachweises

Die medizinische Beurteilung einer möglichen Erwerbsminderung kann sehr unterschiedlich ausfallen. Möglicherweise stimmen Ihre subjektive Wahrnehmung, die Sie im Formular für Selbsteinschätzung (Vordruck R0215) angeben, und der Bericht Ihres Hausarztes noch recht gut überein. Ein vom Rentenversicherer beauftragter Gutachter des Medizinischen Dienstes kommt aber vielleicht zu einem gänzlich anderen Ergebnis. Ein Großteil der Ablehnungen erfolgt aus medizinischen Gründen, weil Ärzte sich nicht einig oder Formulierungen in ihren Berichten zweideutig sind.

Während für einen Bauarbeiter eine Erwerbsminderungsrente nach Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks eine ziemlich klare Sache sein dürfte, ist es bei einer Depression oder einem Burnout wesentlich schwieriger, echte von vorgespielten Beschwerden zu unterscheiden. Selbstverständlich hat die Rentenversicherung das Recht, Angaben zu prüfen und Schwindler, die allen ehrlichen Versicherten schaden, zu identifizieren. Gutachter setzen dafür Testfragen ein, zum Beispiel nach Appetit und Schlaf. Lassen Sie sich beraten, um nicht ungewollt in Erklärungsnot zu geraten.

Aber selbst, wenn eine Depression zweifelsfrei diagnostiziert ist, wird sie nur bei hohem Schweregrad (erhebliches Leiden, körperliche Symptome) als Grund für eine Erwerbsminderung anerkannt. Mittelschwere Depressionen gehen manchmal schnell vorüber, sodass das gesetzliche Merkmal „auf nicht absehbare Zeit“ nicht erfüllt ist. Und auch bei einer schweren Depression wird die Rente eher kurz befristet sein. Selbstverständlich lässt sich eine Verlängerung der Erwerbsminderungsrente beantragen, wenn keine Besserung in Sicht ist. Der Antrag auf Weiterzahlung (Vordruck R0120) sollte spätestens vier Monate vor Ende der Befristung gestellt werden. Daran müssen Sie selbst denken, die Rentenversicherung verschickt keinen Bescheid über das Ende der Zahlungen.

Stellen Sie den Antrag auf Erwerbsminderungsrente aufgrund körperlicher Beschwerden, müssen Sie damit rechnen, dass der Versicherungsträger Ihnen zunächst eine Rehabilitation vorschlägt. Das können medizinische Maßnahmen sein, aber auch die Umschulung auf einen anderen Beruf kommt in Betracht. Diese Chance sollten Sie nutzen, denn ein krankheitsbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ist in aller Regel die schlechtere Option. Die Bestätigung durch eine sinnvolle Arbeit, selbst verdientes Einkommen und soziale Kontakte durch die Beschäftigung sind vielleicht wichtiger, als Sie denken.

Weitere formale Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente: der Blick in den Versicherungsverlauf

Sind die medizinischen Fakten klar, müssen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente geklärt werden. Die Gesetze sind zwar wegen zahlreicher Sonderregelungen recht verwirrend, aber die Auslegung ist zumindest weniger subjektiv als bei den ärztlichen Befunden. Ein Versichertenältester oder ein Berater der Rentenversicherung helfen, wenn Sie bei den vielen Formularen für die Antragstellung den Durchblick verlieren. Generell ist es gut, den bisherigen Versicherungsverlauf sauber im Blick zu haben. Bei wechselnden Tätigkeiten oder Lücken sollte ein Antrag auf Kontenklärung (Vordruck V0100) gestellt werden, ganz unabhängig von einer drohenden Erwerbsminderung. Das Rentenkonto ist auch für die spätere Regelaltersrente sehr wichtig.

Anhand des Versicherungsverlaufs beantworten Sie zwei wesentliche Fragen:

  • War ich in der gesetzlichen Rentenversicherung mindestens fünf Jahre lang versicherungspflichtig und habe damit die nötige Wartezeit erfüllt? Ob diese fünf Jahre unmittelbar vor Eintritt der Erwerbsminderung waren oder länger her sind, ist egal.
  • Habe ich in den fünf Jahren für mindestens drei Jahre lang Pflichtbeiträge bezahlt?

Nur, wenn Sie zwei Mal mit „ja“ geantwortet haben, besteht ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Haben Sie eine oder beide Fragen verneint, weil sie gerade erst in den Beruf starten oder von Geburt an eine Behinderung haben, profitieren Sie möglicherweise von Ausnahmeregeln im Gesetz, und es steht Ihnen Erwerbsminderungsrente zu.

Berufsanfänger

Ist die Erwerbsminderung durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit während einer versicherungspflichtigen Tätigkeit entstanden, entfällt die Wartezeit. Man kann sagen, dass Sie ab der ersten Beitragszahlung versichert sind. Auch ohne Versicherungspflicht haben Sie eine Chance, zum Beispiel als Selbstständiger. Wenn Sie in den letzten zwei Jahren vor der Erwerbsminderung mindestens zwölf Monate lang Pflichtbeiträge gezahlt haben, sind Sie geschützt. Die gleiche Regelung gilt für Versicherte, die innerhalb der letzten sechs Jahre vor der Erwerbsminderung eine Ausbildung (auch Schule oder Studium) beendet haben.

Erwerbsminderungs­rente und Behinderung

Von Geburt an behinderte Menschen haben keine Chance, die geforderten Warte- und Beitragszeiten zu erfüllen. Die Lücke im Gesetz wurde bereits 1975 geschlossen. Sie haben nach einer Wartezeit von zwanzig Jahren Anspruch auf Erwerbsminderungsrente (§ 43 Abs. 6 SGB VI). Auf die Wartezeit werden Beitragszeiten – zum Beispiel Arbeit in einer Behindertenwerkstatt –, Ersatzzeiten sowie weitere rentenrechtlich relevante Zeiten angerechnet.

BU-Versicherung Vergleich

Über 50 BU-Tarife im Vergleich! Finden Sie den günstigsten Tarif für Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung.

kostenlos & unverbindlich