BU-Versicherung und Homeoffice: Was Sie beachten sollten

Homeoffice

Seit der Pandemie hat sich Homeoffice vom Notfall- zum Regelmodell entwickelt. Laut Barmer-Langzeitstudie arbeiten 60 % der Beschäftigten heute zumindest hybrid; gleichzeitig können nur noch 47 % nach Feierabend zuverlässig abschalten, was psychische Belastungen befeuert. Damit verschieben sich die Risiken, die deine private Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) bewerten muss – und die du im Leistungsfall beweisen musst.

Warum Homeoffice dein BU-Risiko verändert

RisikofaktorTypische Homeoffice-UrsacheRelevanz für BU
Muskuloskelettale SchmerzenImprovisierte Küchentisch-Arbeitsplätze, fehlende ErgonomieSchmerzhafte Wirbelsäulen- oder Schultererkrankungen können dauerhaft einschränken.
Psychische ErkrankungenDauerpräsenz, „Always-on“-Mentalität, soziale IsolationBurn-out und Depressionen waren 2024 bereits Hauptursache jeder vierten Krankschreibung.
Work-Life-Boundary-CrashVerschwimmende Grenzen zwischen Beruf und PrivatlebenErhöht das Risiko chronischer Erschöpfung, die BU-relevant sein kann.
Rechtliche Grauzonen bei UnfällenKein klar abgegrenzter ArbeitsplatzDie gesetzliche Unfallversicherung schützt zwar bei klar betriebsbezogenen Tätigkeiten, doch die Beweispflicht liegt bei dir.

Fazit: Homeoffice ist kein Risiko-Killer, sondern verlagert Belastungen von klassischen Wege- und Betriebsunfällen hin zu schleichenden physischen und psychischen Leiden, die eine BU-Rente wahrscheinlicher machen.

Einfluss auf die Gesundheitsprüfung beim BU-Abschluss

  • Berufsgruppeneinstufung: Viele Versicherer ordnen reine „Büro-Jobs“ (inkl. Homeoffice) in günstige Risikoklassen ein. Achte aber darauf, hohe Bildschirmzeiten (z. B. > 8 h Sitzen täglich) korrekt anzugeben.
  • Psychische Vorerkrankungen: Seit 2024 thematisieren Fragebögen explizit Stress, Burn-out, Angststörungen.
  • Telemedizinische Diagnosen: Anerkannt, sofern ICD-kodiert und vom Facharzt ausgestellt.
  • Geltung hybrider Tätigkeiten: Gib alle Arbeitsstätten an (Homeoffice + Büro), um keine Anzeigepflicht zu verletzen.

Leistungsprüfung: Besonderheiten bei Homeoffice-Berufen

PrüfschrittHomeoffice-SpezifikumPraxistipp
Berufsbild-ErmittlungHäufig fehlende ArbeitsplatzbeschreibungFühre ein Tätigkeitstagebuch (Aufgaben, Bildschirmzeit, Meetings).
Kausalitätsnachweis„Unsichtbare“ Leiden (Fatigue, RSI) schwer messbarSammle Langzeit-EKG, neuropsychologische Tests, EMG-Befunde.
Gutachter-TerminArbeitsplatzbesuch entfälltBilder oder Video-Rundgang deines Homeoffice beifügen.
Abstrakte VerweisungVersicherer verweisen gern auf andere Büro-JobsModerne Tarife ohne abstrakte Verweisung wählen.

Rechtlicher Hinweis: Das Bundessozialgericht wertet sogar das Aufdrehen einer Heizung im Homeoffice als betriebliche Tätigkeit – der Arbeitsbezug muss also klar nachgewiesen werden.

Sonderfall: Selbständige & Freelancer

  • Flexible Auftragslage: Dokumentiere Projekte, Deadlines, typische Arbeitsbelastung – sonst wird dir evtl. eine leichtere Tätigkeit unterstellt.
  • Arbeitszeit-Selbstbestimmung: Kann gegen dich ausgelegt werden („könnte Aufwand reduzieren“). Fixe Kundenmeetings und Reaktionszeiten dokumentieren.
  • Betriebsausfallversicherung: Absicherung der Fixkosten, da BU-Rente erst nach Leistungsprüfung fließt.

Prävention: So hältst du dein Risiko klein

  1. Ergonomischer Arbeitsplatz – höhenverstellbarer Tisch, externer Monitor, Tageslicht.
  2. Arbeitspsychologische Hygiene – feste Pausen, digitale Feierabend-Rituale, ggf. Coaching.
  3. Bewegung in den Workflow integrieren – Pomodoro + Stretching, Walk-and-Talk-Calls.
  4. Gesundheits-Check-ups – jährliche Screenings für Rücken, Augen, Psyche (z. B. HAWIK-Burnout-Check).
  5. Dokumentationsroutine – Symptome, Arztbesuche und Arbeitsbelastung lückenlos erfassen.

FAQ

Gilt Homeoffice als niedrigeres BU-Risiko und senkt meine Prämie?

Nicht automatisch. Bildschirmarbeiter gelten zwar oft als günstiger, aber psychische und ergonomische Risiken können zu Zuschlägen oder Ausschlüssen führen.

Kann der Versicherer verlangen, dass ich ins Büro zurückkehre?

Nein – aber er kann prüfen, ob du eine gleichwertige Tätigkeit in Präsenz ausüben könntest, wenn dein Vertrag eine abstrakte Verweisung erlaubt.

Unfall im Homeoffice – zahlt BU oder gesetzliche Unfallversicherung?

Die Unfallversicherung greift kurzfristig. Führt der Unfall zu dauerhafter Erwerbsunfähigkeit (≥ 50 %), springt deine BU-Versicherung ein.

Welche Unterlagen sollte ich vorsorglich sammeln?

  • Ärztliche Befunde (Orthopädie, Psychologie)
  • Bildschirmarbeitsplatz-Gefährdungsbeurteilung
  • Tätigkeits- und Zeitnachweise (z. B. aus Zeiterfassungs-Apps)

Fazit

Homeoffice verlagert Risiken von Unfällen hin zu chronischen Erkrankungen – psychisch und muskulär. Versicherer und Gerichte reagieren bereits.

  • Prüfe deinen Vertrag auf Verweisungsklauseln.
  • Optimiere deinen Arbeitsplatz.
  • Dokumentiere deine Arbeitssituation sauber.

Das sorgt für bessere Chancen beim Abschluss und im Leistungsfall.

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